- 22. Sept.
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Die Anfänge von Kollektiven haben oft etwas Magisches: Gemeinsam eine Vision erschaffen, ausprobieren, loslegen - oft mit Freund*innen oder politischen Verbündeten. Dieses Gefühl von Aufbruch trägt weit.
Mit den Jahren verändert sich vieles. Die Erfahrung im Umgang miteinander wächst. Strukturen professionalisieren sich, Treffen werden effizienter. Manche Kollektive wechseln von Konsensentscheidungen zu rollenbasierten Arbeitsformen - und entwickeln so eine neue Kollektiv-Kultur.
Doch auch Abschiede gehören dazu. Menschen gehen, weil sich Interessen verschieben, Lohnarbeit mehr Raum fordert, Konflikte belasten oder die Vereinbarkeit von Elternschaft und Kollektivarbeit nicht einfach ist.
Wenn der Schwung nachlässt
Herausfordernd wird es, wenn immer mehr Menschen das Kollektiv verlassen und die Verbliebenen nicht mehr die Kraft und Lust des Anfangs verspüren, um neue Mitstreiter*innen zu suchen. Wenn Treffen mühsam werden, Aufgaben auf wenigen Schultern lasten und der Funke von früher fehlt, tauchen Fragen auf:
Lohnt es sich, weiterzumachen? Oder ist es an der Zeit, bewusst aufzuhören?
Was braucht es dafür, dass alle spüren und wissen, wann das Ende ansteht?
Und wie kann ein guter Abschluss für uns aussehen?
Ein Ende bewusst gestalten
Ein Kollektiv bewusst zu beenden ist eine größere Kunst, als es still ausschleichen zu lassen. Sonst bleibt oft Frust zurück - bei denen, die noch weitermachen wollten, und bei denen, die sich verabschieden.
Zu einem guten Ende gehört mehr als Orga: Es geht darum, die gemeinsame Zeit zu würdigen, Erfolge zu feiern, verbliebene Konflikte zu reflektieren und auch Raum fürs Trauern zu lassen. So kann das Ende als runder Abschluss und damit als Erleichterung erlebt werden, anstatt eines Scheiterns.
Johanna Breidenbach und Anna Häßlin haben einen lesenswerten Artikel zum Thema geschrieben, der einige kluge Denkanstöße und gute Ressourcen bietet. Sie bezeichnen das gute Beenden von Organisationen als "Sunsetting" und schreiben dazu:
“Wir haben immer wieder gesehen, wie befreiend es ist, wenn Organisationen Aufhören als Option begreife: Statt ein Ende zu tabuisieren und den Elefanten im Raum nicht zu thematisieren, erweitert ein bewusster Umgang den Handlungsspielraum und schärft die Motivation. Je größer der innere (geistige) und äußere (strukturelle) Raum, desto mehr Optionen stehen zur Auswahl.“